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Portrait von Dirk Sorge

Herr Sorge

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Portrait von Dirk Sorge

Dirk Sorge aus Chemnitz

    Herr Sorge

    Stichworte

    Alle Portraits
    Inklusives Museum
    Klischees in den Medien
    Sehbehinderung

    Die Kultureinrichtungen fangen an, das Thema Inklusion nicht nur auf das Publikum zu beziehen. Es wird begonnen, auch das Personal einzubinden, damit es inklusiver und diverser wird. Zudem wird Inklusion auch im Programm selbst langsam aufgegriffen.

    Da habe ich das Gefühl, dass im Mainstream das Thema Inklusion noch nicht angekommen ist. Das Thema Behinderung wird immer noch sehr seltsam und exotisch behandelt.

      Auszug aus einem Interview mit Dirk Sorge aus Chemnitz. Das Interview wurde am 06. Mai 2020 geführt.

      Ich bin in Sachsen schon eine Weile im Bereich Kultur und Soziokultur aktiv. Ich habe zum Beispiel im „Staatlichen Museum für Archäologie Chemnitz“ (smac) gearbeitet und war dort für die Inklusion im Haus zuständig.

      Von Geburt an habe ich eine Sehbehinderung. Ich kenne es quasi nicht anders. Ich bin auf eine Regelschule gegangen. Der Förderbedarf wäre zwar da gewesen, aber ich habe es ohne besondere Förderung durchgezogen. Und ich bin auch ganz zufrieden mit der Entscheidung.

      Im Grunde bin ich schon während des Studiums mit Museen in Kontakt gekommen und habe dabei gemerkt, dass sich gerade einiges ändert. Die Kultureinrichtungen fangen an, das Thema Inklusion nicht nur auf das Publikum zu beziehen. Es wird begonnen, auch das Personal einzubinden, damit Veranstaltungen inklusiver und diverser werden. Zudem wird Inklusion auch im Programm selbst langsam aufgegriffen. Das heißt, diese ‚drei Ps‘ – Publikum, Personal, Programm - werden bearbeitet. Lange Zeit ging es wirklich nur um das Publikum.

      In älteren Häusern ist vor allen Dingen das Thema Denkmalschutz eine riesige Hürde. Das wird aber auch gerne als Alibi vorgeschoben. Es ist ein sehr deutsches Problem, dass man denkt ein Architekt, der vor 200 Jahren ein Haus entworfen hat, hat mehr Rücksicht verdient, als die Person, die jetzt lebt und ins Gebäude rein will.

      Privat betrachtet denke ich, dass im Bereich Inklusion noch sehr viel zu tun ist. Die meisten Medien berichten so, als ob dort Inklusion immer noch ein totales Neuland ist. Dokumentationen über Menschen mit Behinderung sind immer noch so aufgezogen wie vor 20 Jahren. Ein Reporterteam begleitet einen blinden Menschen in seinem Alltag und ist dann ganz überrascht, dass der Blinde alleine auf der Straße laufen kann.

      Oder auch diese Formulierungen wie „irgendjemand ist an den Rollstuhl gefesselt“ oder „lebt in völliger Dunkelheit“ sind immer noch verbreitet. Da habe ich das Gefühl, dass das Thema Behinderung immer noch sehr seltsam und exotisch behandelt wird. Aber eigentlich beschreibt Inklusion ja den Prozess, dass Behinderung normal wird. Dass man sozusagen keine besonderen spektakulären Dokumentationen bringen muss, weil es einfach normal wird, dass Menschen ohne Behinderung und Menschen mit Behinderung Kontakt haben.

      Hallo!

      Ich bin Dirk Sorge aus Chemnitz.

      Ich bin schon seit längerem im Kultur-Bereich aktiv.

      Zum Beispiel habe ich im Staatlichen Museum für Archäologie Chemnitz gearbeitet.

      Dort war ich für die Inklusion zuständig.

      Ich habe von Geburt an eine Seh-Behinderung.

      Ich kenne es quasi nicht anders.

      Ich habe eine Regel-Schule besucht.

      Eigentlich hätte ich Förderung gebraucht.

      Aber ich habe es auch ohne Förderung geschafft.

      Und damit bin ich zufrieden.

      Nach dem Abitur habe ich Kunst studiert.

      Da hatte ich zum ersten Mal Kontakt mit Museen.

      Ich habe gemerkt:

      Es ändert sich gerade einiges.

      Das Thema Inklusion wird wichtiger.

      Und zwar nicht nur im Hinblick auf die Besucher*innen.

      Auch die Mitarbeiter*innen von den Museen denken mehr an Inklusion.

      Die Veranstaltungen werden inklusiver.

      Inklusion selbst wird ins Programm aufgenommen.

      In älteren Museen ist vor allem der Denkmal-Schutz eine große Hürde.

      Denkmal-Schutz bedeutet:

      Häuser unter Denkmal-Schutz haben strenge Regeln.

      Zum Beispiel darf man solche Häuser nicht einfach umbauen.

      Man muss immer zuerst nach einer Genehmigung fragen.

      Es ist nicht einfach, eine Genehmigung zu bekommen.

      Aber es ist möglich.

      Ich denke:

      Manche Leute finden Häuser unter Denkmal-Schutz praktisch.

      Denn dann müssen sie sich nicht um Barriere-Freiheit kümmern.

      Aber das ist nicht richtig.

      Warum müssen wir auf einen Architekten Rücksicht nehmen?

      Nur weil er vor 200 Jahren ein Haus gebaut hat.

      Ich finde:

      Wir müssen auf die lebenden Leute Rücksicht nehmen.

      Und dafür sorgen, dass sie in die Häuser rein-kommen.

      Meine Meinung ist:

      Im Bereich Inklusion gibt es noch sehr viel zu tun.

      Im Fernsehen wird zwar über Inklusion berichtet.

      Aber Inklusion scheint immer was ganz Neues zu sein.

      Dabei sind Filme über Menschen mit Behinderung noch so wie vor 20 Jahren.

      Zum Beispiel begleiten die Filme-Macher einen blinden Menschen in seinem Alltag.

      Und dann sind sie ganz überrascht, dass der Blinde allein auf der Straße laufen kann.

      Man hört immer noch Sätze wie:

      Die Person ist an den Roll-Stuhl gefesselt.

      Oder:

      Die Person lebt in völliger Dunkelheit.

      Diese Sätze klingen sehr negativ.

      Da habe ich das Gefühl:

      Behinderung ist für die meisten Menschen sehr seltsam.

      Eigentlich sollte Inklusion bedeuten:

      Behinderung ist normal.

      Dann müsste man eigentlich keinen Film mehr darüber zeigen.

      Weil es einfach normal ist, dass Menschen miteinander Kontakt haben:

      Menschen mit Behinderung und Menschen ohne Behinderung.

      Das Gespräch war am 6. Mai 2020.

      Herr Sorge

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