Herr Blüher
Stichworte
Ich bin vollständig erblindet, es ist wirklich nichts Verwertbares mehr da.
Ich nähere mich dem Thema Inklusion aus einer technischen Richtung.
Ich habe angefangen, Apps für Blindenbüchereien in Hamburg, Leipzig und Berlin zu entwickeln.
Das iPhone ist nicht nur durch Blinde bedienbar, sondern es ist noch besser als ein normales Tastentelefon.
Wir wollen Inklusion als Modell, als Vision.
Inklusion ist ein Konzept, was praktisch nicht funktionieren kann.
Auszug aus einem Interview mit Dr. Jan Blüher aus Dresden. Das Interview wurde am 09. April 2019 geführt.
Ich bin in Leipzig zur Schule gegangen und hatte angefangen, Physik zu studieren. In der Zeit zwischen 1995 und 1997 bin ich allerdings blind geworden. Ich bin vollständig erblindet, es ist wirklich nichts Verwertbares mehr da. Die erste Konsequenz war, dass ich das Studium in Leipzig abgebrochen habe und nach Dresden gegangen bin, um Informatik zu studieren. Denn in Dresden gab es die Arbeitsgruppe von Prof. Wünschmann. Dort war bestimmte Technik vorhanden und es gab studentische Hilfskräfte, die die Lehrmaterialien bearbeiteten. Das war damals etwas Besonderes.
Das Studium war nicht total ‚easy‘, aber es war eine gute Entscheidung, wenn man die Situation bedenkt, in der ich mich nach der Erblindung befand. Ich musste mich komplett neu orientieren. Der Computer ist ein Werkzeug, mit dem man arbeiten kann. Ich musste vor allem den Umgang mit der Braillezeile und das Mobiltraining lernen.
Der große Neuanfang kam dann tatsächlich mit dem iPhone, das 2007 auf den Markt kam. Apple installierte 2009 einen Screenreader auf dem iPhone. Die waren damit wirklich die Ersten. Später ging es durch die Presse: Das iPhone ist nicht nur durch Blinde bedienbar, sondern es ist noch besser als ein normales Tastentelefon. Warum? Bei einem Tastentelefon muss ich mir immer merken, welche Taste ich nutze. Wenn ich bei dem iPhone auf eine Taste tippe, dann sagt mir die Taste, was sie ist. Ich muss mich nicht immer erinnern, wo was ist. Ich kann quasi draufschauen und agieren, so wie ein Sehender das auch macht.
2011 bin ich auf die Softwareentwicklung umgestiegen. Und seitdem gibt es die Firma „VisorApps“. Die Idee war, dass das iPhone der Visor ist, durch den man die Welt sehen kann, wenn man nicht mit den Augen sehen kann. Unternehmerisch weitergebracht hat mich die App-Entwicklung für Dritte.
Inklusion ist ein Konzept, was praktisch nicht funktionieren kann. Wichtig am Inklusionsgedanken ist aber natürlich, dass man versuchen muss, so zu denken, dass man es für alle machen kann. Da kommt auch die Gesellschaft ins Spiel. Es ist wichtig, dass man sagt: „Wir wollen Inklusion als Modell, als Vision.“ Auch wenn man, so wie ich, denkt, dass man das nicht erreicht. Den letzten Schritt muss man am Ende selbst überbrücken.
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Hallo!
Ich bin Dr. Jan Blüher aus Dresden.
Ich bin in Leipzig zur Schule gegangen.
Danach habe ich angefangen, Physik zu studieren.
Das spricht man so aus: Füsik.
Im Fach Physik geht es um die Natur-Gesetze.
Zum Beispiel um die Frage:
Wie schnell fällt ein Apfel vom Baum?
Leider bin ich während des Studiums blind geworden.
Das ist langsam passiert.
In den Jahren 1995 bis 1997.
Ich habe immer schlechter gesehen.
Bis ich am Ende gar nichts mehr gesehen habe.
Ich habe dann mein Physik-Studium abgebrochen.
Und ich bin nach Dresden gegangen.
Dort habe ich ein Informatik-Studium angefangen.
Im Fach Informatik geht es um Computer.
In Dresden gab es die Arbeits-Gruppe von Professor Wünschmann.
Dort gab es besondere Technik.
So dass auch blinde Menschen studieren konnten.
Außerdem gab es studentische Hilfs-Kräfte.
Sie haben mich unterstützt.
Das war damals etwas Besonderes.
Das Studium war nicht super einfach.
Aber es war eine gute Entscheidung.
Meine Situation nach dem Blind-Werden war nicht einfach.
Ich musste mich komplett neu orientieren.
Mit dem Computer kann man auch als blinder Mensch arbeiten.
Ich habe dann die Blinden-Schrift gelernt.
Der große Neu-Anfang kam dann mit dem iPhone.
Es kam im Jahr 2007 auf den Markt.
Im Jahr 2009 hatte das iPhone auch einen Screen-Reader.
Das spricht man so aus:
Skrien Rieda.
Der Screen-Reader liest den Text vor.
Das iPhone war damit wirklich das 1. Smart-Phone mit diesem Dienst.
Blinde Menschen können das iPhone bedienen.
Und es ist besser als ein normales Tasten-Telefon.
Warum?
Wenn ich beim iPhone auf eine Taste tippe:
Dann sagt mir die Taste, was sie ist.
Ich kann das iPhone wie ein Sehender benutzen.
Im Jahr 2011 bin ich auf die Software-Entwicklung umgestiegen.
Software bedeutet Programme für den Computer.
Ich habe die Firma Visor Apps gegründet.
Wir machen Programme für blinde Menschen.
Die Idee war:
Durch das iPhone können blinde Menschen die Welt sehen.
Was ich über Inklusion denke?
Inklusion ist nicht überall möglich.
Aber der Inklusions-Gedanke ist wichtig:
Inklusion soll das Ziel sein.
Auch wenn Inklusion in Wirklichkeit nicht erreicht werden kann.
Das Gespräch war am 09. April 2019.